Erkenne dich selbst
Wenn es eine Sache gibt, die mich mein Leben lang begleitet, dann meine Gedanken über das Leben. Schon immer haben mich die großen und kleinen Fragen des Lebens fasziniert. Sehr häufig versuche ich für mich herauszufinden, welches „Warum“ hinter den Dingen steht. Vielleicht ist das ganz normal, vielleicht aber auch eine angeborene „Macke“, die mich regelmäßig aus meinem Alltag ausbrechen und in meine ganz eigene Gedankenwelt abtauchen lässt. Auslöser können Beobachtungen sein, die ich im Alltag mache, bei der Arbeit, auf der Straße, im Bus, beim Spazierengehen… und manchmal überrumpeln mich diese Gedanken aus dem Nichts in einer ruhigen Minute auf dem Sofa, kurz vor dem Schlafengehen oder unter der Dusche. Diese Fragen, die dann in meinem Kopf kreisen können manchmal beinahe quälend sein, vor allem dann, wenn sich meine Gedanken immer wieder im Kreis drehen und ich einfach keine Antwort finde.
Es könnte so viel einfacher sein ohne diese Gedanken, die Dinge einfach so hinzunehmen wie sie sind, ohne zu hinterfragen… und doch weiß ich, dass es unglaublich wichtig ist sein persönliches WARUM zu ergründen, sich selbst zu hinterfragen und Beobachtungen aus unserer Umwelt als Anlass zu nutzen, sein eigenes Leben zu reflektieren.
Um ein aktuelles Beispiele zu nennen – gestern war ich in einem Nachtclub. Das Ergebnis des Abends war, dass ich anstatt zu tanzen und mich der Musik hinzugeben viel lieber die Menschen beobachtet und mich in meine eigene Gedankenwelt zurückgezogen haben. Das passiert bei mir ganz automatisch, so als möchte mich mein Unterbewusstsein dazu anregen über gewisse Sachverhalte nachzudenken. Ich sehe, wie sich die Menschen einen Shot nach dem anderen genehmigen, die Gesichter verzerren, sich danach motiviert zur Tanzfläche kämpfen, um dort mit wilden Bewegungen das andere Geschlecht zu beeindrucken oder zumindest Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ist das wirklich der „richtige“ Weg einen Partner zu finden oder überhaupt ins Gespräch mit einer fremden Person zu kommen, frage ich mich. Ist es generell das, was wir wirklich wollen, was uns Spaß macht? Wieso müssen wir uns Gelassenheit antrinken? Wieso müssen wir erst hemmungslos werden, um andere von uns zu überzeugen? Aus dieser Perspektive betrachtet wundert es mich nicht, dass ein Club oder dergleichen nicht der ideale Ort ist, um mit anderen Menschen tiefgründig in Kontakt zu kommen.
Trotzdem investieren wir so viel Zeit, Geld und Hoffnung in diese „Prozedur“. Gerade als Single verspürt man regelrecht den Druck sich mindestens wöchentlich in einer dieser Lokalitäten blicken zu lassen, um die Chance auf ein Kennenlernen überhaupt möglich zu machen. Doch wie sieht so ein Kennenlernen aus, frage ich mich weiter. Die Sinne sind vernebelt, der Bass dröhnt regelrecht in den Ohren, die Luft ist stickig, die Getränke sind ihren Preis nicht wert, die Atmosphäre ist, sagen wir mal eher unpersönlich. Wir wenden dafür wertvolle Zeit auf und investieren bares Geld in den Abend, um am Ende ernüchtert den Heimweg anzutreten mit der Gewissheit, dass am nächsten Morgen nicht unser Traumdate, sondern der unangenehme Kater auf uns wartet. Sobald die Enttäuschung abgeklungen ist starten wir einfach einen neuen Versuch – nächste Woche, in einem anderen Club…
Es sind Gedanken wie diese, die nicht zum Ziel haben eine Lösung zu finden oder Probleme zu wälzen. Im Grunde haben diese Gedanken kein wirkliches Ziel. Sie sind einfach da und sorgen bei mir regelmäßig für Verwirrung über mein eigenes Leben und das der anderen. Sie führen dazu, dass ich erkennen muss, wie gedankenlos wir doch handeln und, dass ein solches Verhalten zwangsläufig in der Enttäuschung enden muss. Es ist nicht schlimm in einem Club feiern zu gehen, Alkohol zu konsumieren und Kontakt knüpfen zu wollen, jedoch ist die Frage was wir uns davon erhoffen oder wichtiger noch, warum wir das wirklich tun. Haben wir tatsächlich ein gutes Gefühl dabei oder unterdrücken wir nicht vielmehr unser Gefühl?
Womöglich kommen diese Fragen in unserem Leben oftmals zu kurz. WARUM ist mein Leben so, wie es ist, was habe ich dazu beigetragen und warum tue ich die Dinge, die ich tue? Enttäuscht werden wir immer dann, wenn wir eine unrealistische Erwartungshaltung haben und diese wiederum ergibt sich aus falschen Annahmen usw. Es gibt durchaus Dinge, die wir aus welchen Gründen auch immer tun müssen. Doch die allermeisten Dinge tun wir, weil wir uns dafür entschieden haben. Das Ergebnis unserer Entscheidungen ist schließlich unser Leben. Fühlen wir uns wohl, fühlt sich das, was wir leben authentisch an, dann scheinen wir uns gut zu kennen und gut für uns zu sorgen. Was aber, wenn das nicht der Fall ist? Wenn wir uns gedankenlos dem Strom unterordnen und permanent Entscheidungen treffen, die unserem Inneren nicht entsprechen, deren Konsequenzen wir nichtsdestotrotz tragen müssen? Eine einzige Entscheidung kann lebensverändernd sein und selbst wenn nicht, in der Summe sind viele kleine Entscheidungen wie die Puzzleteile unseres Lebenswerkes.
Ich mache mir oft Gedanken über den Sinn des Lebens. Aktuell bin ich der Auffassung, dass es DEN einen, übergeordneten Sinn nicht geben kann. Glück und Gesundheit sind definitiv erstrebenswert aber weniger das Ziel, sondern vielmehr die Konsequenz unserer Entscheidungen. In jeder aktiven Entscheidung liegt die Macht unserem Leben in jedem einzelnen Moment einen Sinn zu geben. Doch Sinnhaftigkeit allein beschreibt noch nicht unseren Lebenswert. Und genau das ist es doch, was wir beeinflussen können. Unser Leben bekommen geschenkt, die Frage ist, wie wir es nutzen, wie wir unser Leben lebenswert machen. Wir suchen so oft nach einer Wunderwaffe, die wir für unsere Ziele einsetzen können, dabei ist das Leben selbst unser mächtigstes Instrument. Wir können damit alles erreichen: Frieden, Krieg, Liebe, Hass, Toleranz, Ignoranz, Freude, Leid, Kreativität, Angst, Vertrauen, Missbrauch, Freundschaft, Feinde …. am Ende kreieren wir in gewisser Weise ALLE diese Dinge. Kein Leben ist einseitig. Wie können wir kreativ sein, ohne Phasen der Unkreativität? Wie können wir Freude spüren, wenn wir noch nie Leid empfunden haben? Gesundheit bekommt erst eine Bedeutung durch Krankheit. Durch diese Gegensätze sind wir fähig zu erkennen. Wie ein Lichtkegel im Dunkeln, der uns sehen lässt. Was gilt es zu erkennen? Uns selbst. Dich selbst.
ALLES im Leben ist wie eine Reflexion, wie ein Spiegelbild deiner selbst. Menschen, die dich umgeben, Erfahrungen, die du machst, dein eigenes Spiegelbild, dein Physis und Psyche – in allem spiegelt sich ein Stück deiner Wahrheit. Wir können am Leben verzweifeln, uns übermannt fühlen von negativen Emotionen, von negativen Erleb- und Ereignissen. Doch das wundervolle am Leben ist, dass jeder einzelne Moment das Potenzial bereithält dir dienlich zu sein, indem du erkennst.
Die Kunst des Lebens ist es, in jeder Verzweiflung auch die Möglichkeit zu erkennen und zu nutzen. Kriege ermöglichen es uns Frieden zu schließen. Feinde können zu Freunde werden. Streitigkeiten ermöglichen uns zu vergeben. Krankheit ermöglicht uns gesund zu werden. Tod ermöglicht uns lebendig zu fühlen. Scheitern ermöglicht uns erfolgreich zu sein. Aus Verlierern können Sieger werden. Die einzige Konstante im Leben ist der Wandel. Wir müssen aufhören unser Leben in Momentaufnahmen zu sehen uns zu bewerten, sondern als Teil einer Entwicklung, die wir zu jedem Zeitpunkt aktiv beeinflussen können.
Das Leben ist nicht nur das, was du daraus machst, sondern vor allem, was du darin zu sehen vermagst <3